George Lawrence: KAP-Bild von San Francisco, 6 Wochen nach dem Erdbeben von 1906
KAP - Was ist das? Woher kommt sie?
KAP = Kite Aerial Photography und ist nichts anderes, als die Luftfotografie mittels Drachen. Schon im Mittelalter waren die Chinesen in der Lage, mit großen Flächendrachen Menschen auf luftige Höhen zu ziehen und so Informationen über einen herannahenden Feind zu erlangen.
In Europa fiel 1896 der Name Arthur Batut (Frankreich) im Zusammenhang mit der Drachen-Luftbildfotografie. Er gilt als der moderne Begründer der KAP. Nach drei Fehlschlägen machte er die erste bekannte Aufnahme mit einen Drachen, die seine Heimatstadt am 29.Mai 1889 aus 90m Höhe zeigt. Zuvor gelang es ihm (nach einem Verfahren von Louis Ducos du Hauron) Farbfotos zu machen (1887) und sich einen Ruf als Pionier der technischen Bildgestaltung (Stichwort überbelichtete Porträts) zu erarbeiten.
Mehr Informationen über diesen Tausendsassa ( er beschäftigte sich u.a. mit Archäologie, Dichtung, Landwirtschaft, Wissenschaften, Höhlenforschung) gibt es im Arthur-Bartut-Museum in Labruguière.
Arthur-Batut-Museum
Die Möglichkeiten dieser Art Luftfotografie zu betreiben sprachen sich schnell herum und so verwunderte es nicht, daß im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" die Methoden verfeinert wurden
So ließ beispielsweise Silas J. Conyne (USA) am 29. April 1902 einen Drachen mit der Patentnummer 698.634 eintragen, dessen Form heute leicht modifiziert in jeder Drachenbastelstube gebaut wird. Sein Modell flog zuverlässig schon bei geringen Winden und war zudem sehr gutmütig im Flugverhalten.
Mit einer gestaffelten Anordnung mehrerer dieser Drachen gelang George Lawrence (USA) die Ikone aller KAP-Aufnahmen: San Francisco, 6 Wochen nach dem verheerenden Erdbeben von 1906 (Bild oben). Eine Meisterleistung, verinnerlicht man den Stand der Technik zu jener Zeit. Lawrence belichtete in 2000 Fuß Höhe ein 45x120cm großes Negativ, welches trotz der mäßigen Optik eine hohe Detailgenauigkeit zuließ. Ausgelöst wurde mit Zündschnur, was das Gelingen des Bildes zur Glückssache machte. Der etwas schräge Horizont ist ein Beleg dafür.
Silas J. Conyne
Auch das Militär interessierte sich für KAP. Im ersten Weltkrieg wurden Drachen zur gefahrlosen Luftaufklärung hauptsächlich von Frankreich eingesetzt. Im zweiten Weltkrieg übernahmen diese Rolle moderne Aufklärungsflugzeuge. Die amerikanische Marine bildete aber Flak-Schützen aus, in dem sie Drachen mit aufgemalten japanischen Flugzeugen vom Himmel schießen ließ.
Militärdrachen
Wie die praktische Handhabung des oben abgebildeten Drachens funktioniert zeigt der folgende Film:
Steiff Roloplan
Ein Roloplan der Spielzeugfabrik "Margarethe Steif" aus dem Jahre 1910. Die Bedienanleitung war auf der Tragfläche aufgedruckt. Das Original hängt im Otto-Lilienthal-Museum Anklam.
Museum für Meteorologie und Aerologie in Lindenberg
Das Museum für Meteorologie und Aerologie in Lindenberg (südöstlich von Berlin) pflegt eine umfangriche Sammlung historischer Lastendrachen für das Tragen von Messinstrumenten der Wetterkunde. Selbst einem kundigen Drachenbauer ringen die Leistungen damaliger Konstrukteure Achtung ab. Wer bei einem Besuch in dem kleinen aber sehr liebevoll geflegten Museum genau hinsieht, kann praktische Lösungen gegen das Gieren von Drachen, ausgeklügelte Spannvorrichtungen und geniale Stabilisierungen erkennen. Beschreibende Texte mit vielen Fakten und ergänzenden technischen Zeichnungen machen die Ausstellung hoch interessant. Ein Muss für jeden KAPer.
KAP heute:
Gegenwärtig hat man die Qual der Wahl wenn es um einen leistungsfähigen Lifter für eine Kamera geht. Neben der ausgeklügelten und damit sehr stabil fliegenden Flowform läuft es ebenfalls mit größeren Rokkakus, Kastendrachen oder Doperos. Wie man sich entscheidet ist letztendlich egal. Als Faustregel gilt: die Flowform ist aufgrund der aufwendigen Bauweise etwas teurer ist dafür in den Packmaßen wesentlich komfortabler. Die Flugeigenschaften der angesprochenen Drachen sind nahezu identisch.
Selber nutze ich seit Sommer 2006 die Flowform 4.0 von HQ - ein Modell welches sich bei momentan rund 100 Starts nur einmal sehr kritisch verhielt. Dieses eine Mal lehrte mich, die Wind-Obergrenze von 55-60 km auch einzuhalten. Ansonsten ist dieses Teil extrem sanftmütig und zuverlässig. Gute Verarbeitung und bestes Material garantiert bis heute eine gute Langlebigkeit. Bisher musste ich noch keine Reparatur vornehmen.
Picavet Aufhängung
Der Erfindungsreichtum für die Aufhängungen der Kameras an den Drachen ist sehr breit gefächert. Der Autor dieser Zeilen hat die nebenstehenden Bilder mit einer einfachen Aufhängung per Intervallauslösung gemacht. Nachteil dieser Methode ist die unflexible Blickrichtung der Kamera, das heißt, man muß vor dem Start den Wetterbericht und die vorherrschenden Windrichtungen studieren.
Ausgereiftere Systeme können per Funk auslösen und ebenfalls per Funk die Kamera drehen bzw. schwenken.
Als die störunempfindlichste Aufhängung hat sich die Picavet-Aufhängung durchgesetzt. Sie garantiert einen weitestgehend waagerechten Horizont auf den Fotos.
Picavet Aufhängung