Klassische Panoramen und Bilder aus der Cottbuser Stadtgeschichte

Das Cottbuser Spree-Hochwasser vom Juni 1981

Hochwasser hat es in der Cottbuser Vergangenheit schon immer gegeben - früher wesentlich häufiger und verheerender als heute. Nach Aufzeichnungen des Kreisbauamtes Cottbus im Jahre 1933 wurde der Spreewald im Zeitraum von 1897 bis 1933 124-mal von Hochwasser heimgesucht.Der damalige Kreismeister Hermann Kais analysierte den "Vorgang Hochwasser" und kam bei seinen Beobachtungen bis 1933 zu dem Ergebnis: "In 15 Jahren 25 kleine Hochwasser, in zwölf 17 mittlere Sommerhochwasser, in drei Jahren vier große Sommerhochwasser, in 24 Jahren 31 kleine Winterhochwasser, in 26 Jahren 41 mittlere Winterhochwasser und in sechs Jahren sechs große Winterhochwasser.
Damit gab es seit 1895 nahezu 125 Hochwasser, die 1897, 1899, 1900, 1901, 1915, 1917, 1919, 1920, 1926, 1927 und 1930 zu katastrophalen Schäden in Cottbus führten." Die Hochwasser-Probleme wurden zum Teil vom Menschen geschaffen, denn seit dem 17. Jahrhundert wurden die weit verzweigten Nebenarme der Spree um Cottbus für die Landwirtschaft trockengelegt und der Hauptarm des Flusses eng eingedeicht (siehe Karte unten, am Beispiel von Fehrow - nördlich von Cottbus). Damit fielen die natürlichen Puffer im Falle eines Hochwassers weg und der Druck auf die Siedlungsgebiete stieg.

Eindeichung der Spree

Bei reichlich Niederschlag kann man noch heute die trocken gelegten Altarme der Spree sehen - hier bei Fehrow.

Am 24. Juni 1981 stieg der Pegel der Spree auf 3,22 Meter. An der Ableselatte der Sandower Brücke wurden damit 1,69 Meter über Normal gemessen. Wasserwirtschaftler und Neugierige beobachteten die sich vorwärts wälzenden Wassermassen, die in wenigen Tagen abflossen und auf ihrem Wege in den Spreewald manche Anrainerwiese und einige Grundstücke unter Wasser setzten.

Blick von der Sandower Brücke nach Nord-Ost zu der Ausflugsgaststätte (heute Eis-Greschke) am 24.06.1981

Blick auf die Sandower Brücke aus Nordwest am 24.06.1981

Die nachfolgenden beiden Bilder zeigen den ersten Versuch den Blechensteg zu sichern. Die Brücke war inzwischen in die Jahre gekommen und hatte schon mehrere Hochwasser überstehen müssen. Dazu ruhte der Steg auf sehr vielen Pfeilern, was den Wasserdruck in Fließrichtung erhöhte. Treibgut in der Spree erhöhte die Gefahr. Es musste gehandelt werden. So kam ein Bergepanzer der NVA zum Einsatz, der die Brücke mit Stahltrossen sichern sollte. Theoretisch, denn der Boden am Spreeufer war völlig aufgeweicht, an manchen Stellen wie Wackelpudding. Trat man auf eine vermeindlich begehbare Stelle, bildete sich sofort eine kleine Pfütze rund um den Fuß. Kein gutes Areal für einen tonnenschweren Panzer. Schon der Versuch an das Spreeufer zu gelangen, endete am Kinderspielplatz/Goethepark. Der Panzer grub sich ein und über Stunden ging nichts mehr. Zu erwähnen wäre noch, das die Aufnahmen versteckt gemacht wurden. Militärtechnik zu fotografieren war sowieso tabu, und das Versagen dieser Technik war auch nicht gern gesehen. So war ich ich mit einer minderwertigen Kamera unterwegs (20 Mark - Beirette SL 100), natürlch keine Qualitätsbilder machte, die aber leichter zu entbehren war. Hätte ich meine damalige Neuerwerbung, eine Spiegelreflex-Kamera (Praktika L) mit gehabt und mit Belichtungsmesser und Einstellung der Kamera zeitlich länger herumhantiert, dann wären sicherlich die Herren mit den weißen Koppeln (Militärpolizei) auf mich aufmerksam geworden. Im günstigsten Fall wäre ich dann meinen Film losgeworden, im schlimmsten Fall auch die Kamera-Ausrüstung, nachträgliche polizeiliche Nachforschungen inklusive.

Festgefahrener Bergungspanzer der NVA am Spielplatz des Goetheparks. Der Panzer sollte den (alten) Blechensteg sichern, versank aber im aufgeweichten Boden.

Festgefahrener Bergungspanzer der NVA am Spielplatz des Goetheparks. Der Panzer sollte den (alten) Blechensteg sichern, versank aber im aufgeweichten Boden.

Der Blechensteg unter Hochwasserdruck

Für den Blechensteg ging die Sache gut aus. Er überstand das Hochwasser, nicht zuletzt deshalb, weil die Cottbuser Feuerwehrleute, übermüdet und abgearbeitet, bis zum Ende des Hochwassers alle Gefahren abwehrten. 2005 war der alte Blechensteg durch einen Neubau ersetzt worden (siehe Schild an der Brücke). 2006 wurde nach einer sehr langen Baugeschichte (u.a. mussten Schwingungsdämpfer nachgerüstet werden) der neue Blechensteg eingeweiht. Ma hatte aus den Erfahrungen des Hochwassers gelernt und die Brücke ohne Pfeiler in der Spree errichtet. Die Hochwasser 2010 und 2013 überstand der Steg ohne Probleme. Die Gefahr kam jetzt aus einer ganz anderen Richtung: Das Rathaus kapitulierte im März 2012 vor dem Vandalismus auf der Brücke. Schon wenige Monate nach Inbetriebnahme wurden die im Geländer eingelassenen Leuchten beschmiert und zerstört. Mehrmals mussten diese ersetzt werden. 2012 entfernte man die Leuchten und schloss die zurückbleibenden Löcher - für immer.

Nur wenige Zentimeter fehlten, um die Sprr über das Ufer laufen zu lassen...

Auf der linken Seite sieht man die Feuerwehrleute mit Ihren Booten in Bereitschaft, um gefährliches Treibgut aus der Spree zu bergen

Sandsack-Barrieren für den Fall, das die Spree über das Ufer läuft in der Straße Am Spreeufer

Sandsack-Barrieren für den Fall, das die Spree über das Ufer läuft in der Straße Am Spreeufer

Wolfgang Genehr, Leiter der Regionalabteilung Süd des Brandenburger Landesumweltamtes im Juni 2008 in der Sächsischen Zeitung zum Hochwasser in Cottbus 1981:

"Als die Talsperre Spremberg vor 27 Jahren das Wasser nicht mehr halten konnte, gab es Gefahr für Leib und Leben in der Stadt", erklärte der Hochwasserexperte. Die ansonsten mit acht Kubikmeter pro Sekunde dahinplätschernde Spree wurde plötzlich zum reißenden Strom. Mit über 140 Kubikmetern Wasser in der Sekunde waren die Deiche bis zur Grenze belastet worden. Viele Wiesen standen bereits unter Wasser. Es fehlte nicht viel, und die Elefanten im Tierpark und die Energiekicker beim Training hätten nasse Füße bekommen.
Aus der knapp 43 Millionen Kubikmeter Wasser fassenden Talsperre Spremberg musste der so genannte Hochwasserrückhalt von 19 Millionen Kubikmetern wegen des hohen Wassers freigegeben werden. "Das kann uns ganz schnell wieder passieren", warnte Genehr. Da nützen auch die vier Cottbuser Wehre in Madlow und Kiekebusch sowie das Kleine Spreewehr in Sandow und das Große Spreewehr in Schmellwitz recht wenig.
Auch die Vorwarnzeit von zwei bis drei Tagen – so lange dauert es, bis die Hochwasserwelle die Bautzener und Spremberger Talsperre passiert hat –hat da nur aufschiebende Wirkung. Bei einer sogenannten 5b-Wetterlage, die nicht nur im Frühjahr und Herbst, sondern zu jeder Jahreszeit auftreten kann, können sich in kurzer Zeit ungewöhnliche Wassermassen sammeln. Das Oderhochwasser im Jahr 1997 und die als Jahrhunderthochwasser klassifizierte Elbeflut fünf Jahre später seien beredte Beispiele dafür. "Wir müssen uns auch auf solche Situationen einstellen, dass sich über 250 Kubikmeter Wasser in der Sekunde in den 25 Kilometer langen Cottbuser Spreelauf ergießen. Dann wäre fast die ganze Stadt überschwemmt.

Vergleich

Vergleich

Aus Sicht der Meteorologie:

Das Jahr 1981 gilt als das regenreichstes Jahr des 20. Jahrhunderts: über Deutschland gemittelte Jahressumme: 995,5 mm (Quelle: DWD Klimastatusbericht 2001). Vom 17. bis 21. Juli 1981 gab es Mehrtägige Regenfälle, Gewitter und Wolkenbrüche im Einzugsgebiet der Lausitzer Neiße ließen den Fluss auf einen Höchststand seit Jahrzehnten anschwellen. In Görlitz fielen binnen vier Tagen über 200 Liter Regen pro Quadratmeter.

Zeitundsartikel vom Juli 1981


Ergänzende Literatur:

30.07.1981 Cottbus: Jahrhunderthochwasser, Märkischer Bote vom 06.08.2009
Wenn die Talsperre Spremberg überläuft…, Land unter" hieß es am 24. Juni 1981 an der Spree in Cottbus. Bei einem Pegel von 3,22 Meter über normal fehlte damals nicht viel an einer Flutkatastrophe. An der Sandower Brücke zeigte die Messlatte mit knapp 1,70 Metern über normal einen dramatischen Höchststand. / Sächsische Zeitung, online, 18.06.2008