Klassische Panoramen und Bilder aus der Cottbuser Stadtgeschichte
Gechichten aus Licht - der Cottbuser Lichtgestalter Jörn Hanitzsch
Es ist für einen Fotografen schwer möglich, den Arbeiten von Jörn Hanitzsch aus dem Wege zu gehen. In regelmäßen Abständen tauchen seine Lichtwerke an exponierten Stellen der Stadt auf und suchen den Dialog mit altbekannten Orten. Dabei erzwingen Sie neue Sichtachsen, bringen das Kopfkino in Gang und offenbaren - so man sich darauf etwas länger einlässt - jene zauberhaften Geschichten, die sonst durch das Tageslicht und den Alltag verdeckt werden.
Dabei hat es Hanitzsch nicht einfach, gegen die modernen Schnell-Schnitt-Sehgewohnheiten und die fast perfekten Computer-generierten Animationen der Filmindutrie. Gleichwohl ist er im Trend: weniger ist mehr, zurück zu einer gewissen Langsamkeit, die dafür intensiver daher kommt. Nicht alles wird in seinen Werken erklärt und lässt damit Spielraum, für die eigenen Bilder des Betrachters - und das ist gut so.
Nachfolgend werden einige Lichtperfomancen von Jörn Hanitzsch gezeigt:
3. Ostseefest am 30. August 2008 in Cottbus-Merzdorf
Seit 2006 veranstaltete die Stadt Cottbus - damals noch unter dem Dach der IBA Fürst-Pückler-Land - ein jährliches Ostseefest. Damit sollte der zukünftige See, der erst im April 2019 den Flutungsbeginn erlebte, näher in das Bewusstsein der Cottbuser gerückt werden. Bei der Dritten Folge der Veranstaltungsreihe gestaltete Jörn Hanitzsch den Bereich der alten Aussichtsturm-Zufahrt (heute zurückgebaut) mit Lichtskulpturen und illuminierte den Merzdorfer Turm.
Das nachfolgende Panorama zeigt, wie sehr sich Harnitzsch`s Lichtgestaltung mit den zufälligen Gegebenheiten zu einem Bild ergänzt. Zu sehen war das für den Besucher aber erst, wenn dieser den Aussichtsturm erklomm. Dann sah man, wie sich der gestaltete Lichtraum des Künstlers gen Stadt zuwendet - sicherlich auch so gewollt. In der direkten Verlängerung nach Norden erschien, aus der Höhe betrachtet, die voll beleuchtete Förderbrücke des Tagebaus Cottbus-Nord und in noch weiterer Ferne das hell erleuchtete Kraftwerk Jänschwale. Die ganze Szenerie wirkte wie eine Zeitmaschine - im Norden das Alte, Vergängliche und im Süden der Aufbruch zu neuen Ufern - als Betrachter stand man zwischen beiden Zeiten - unfassbar symbolträchtig - ein prägender Eindruck.
110 Jahre elektrischer Strom in Cottbus im Mai 2013
Im April 1903 ging das Cottbuser Elektrizitätswerk in Betrieb. Anfangs nur für den Betrieb der Straßenbahn genutzt erschloss im Laufe der Zeit der elektrische Strom weite Bereiche der Arbeits- und Wohnwelt der Cottbuser. Heute nimmt man jene Errungenschaft als selstverständlichkeit - für Hanitzsch Grund genug, an die Anfänge zu erinnern. In Zusammenarbeit mit den Stadtwerken wurde ein Lichtweg vom alten E-Werk bis zur Geschäftsstelle der Stadtwerke in der Karl-Liebknecht-Straße geschaffen - ein fantastischer Hingucker mit abwechslungsreichen Lichtskulpuren. Es brauchte zwei Abende um diese Arbeiten zu fotografieren.
"Sola Scriptura" - zu Ehren Martin Luthers (06.05.2017)
Ein eher etwas unglückliches Event zum 500. Jubiläum der Reformation.
Erstens war der "Platz der Blamage" in der Stadtpromenade negativ belegt (hier sollte schon über eine Dekade lang ein Neubau eines Kunsumtempels stehen - quasi der BER von Cottbus).
Zweitens gibt es im "Heidenland" Brandenburg nicht Viele, die sich mit der Thematik verbunden fühlen.
Drittens war die musikalische Untermalung nicht so passend zum Thema.
Viertens war die Ankündigung zum Event einfach zu reißerisch. Die Aussage "höchste freischwebende Lichtinstallation Europas" barg gleich zwei Unwahrheiten in sich. So wurde wenige Wochen vorher an der Londoner Themse ein Lichter-Kleinst-Drohnen-Ballett aufgeführt, welches wesentlich höher flog und zudem wirklich freischwebend war. Auch sei an die europäischen universitären Sternwarten erinnert, die per Laser künstliche Sterne an den Himmel bis ins Weltall schießen (bspw. Tromsoe in Norwegen, wo man mit einem gut sichtbaren Laserstrahl die durch die Atmosphäre erzeugten Ungenauigkeiten korrigiert oder Polarlichter erforscht). Höher geht es kaum. Superlative und die Thesen Luthers - das geht einfach nur schwer zusammen. Fotografisch war das Ganze allerdings eine Herausforderung. Die über 4500m Leuchschnüre hatten einfach nicht die Strahlkraft wie Luthers Thesen und konkurrierten mit dem Umgebungslicht - das muss man erst einmal gut ablichten können...
Es ist ein wenig schade um die viele Arbeit gewesen, die Hanitzsch in dieses Projekt steckte. Ausgleichend sei aber erwähnt, das eine andere Licht-Veranstaltungsreihe "Nachts im Tierpark" sehr viel mehr Freunde und Bewunderer gefunden hat und so erfolgreich war, das sie fortgesetzt wurde.
"Einer trage des Anderen Last" auf dem Altmarkt (09.11.2019)
Am 30. Jahrestag der Fall der Mauer hatte Hanitsch eine eigene Interpretation zum Thema "Einer Trage des Anderen Last" vorgestellt. Damit war nicht die Story des gleichnamigen DEFA-Films gemeint, vielmehr sollte eine universellere Sicht für ein Miteinander ausgelotet werden und dieses auf verschiedene Ebenen. Biblische Themen werden genauso zitiert (das Martinsfest stand bevor) wie die Aufforderung doch mal selbst sein Ego für andere zurück zu schrauben. Allein bei der Umsetzung des Themas gab es bei den Betrchtern einige (gewollte?) Irritationen. Übergroße barocke Leuchter mit Mönchsfiguren ohne Inhalt, Lichtbäume und letztendich der Kran, der einen Radlader trägt kämpfen um die Gunst des sehenden Auges. Erkenntnis...blieb zumeist aus, angesichts der vielen widersprüchlichen Elemente, die dann auch noch mit Dance-Trance-Techno-Musik untermalt wurde. Einige Betrachter wünschten sich weniger plakativer Gigantismus, beispielsweise der 137 Tonnen schwere Kran - 62 Tonnen der Kran und 75 Tonnen der Ausgleichsballast für die Hebung des Radladers wirkte etwas erdrückend, überdimensioniert. Einzig die Witterung kam Haniitsch zur Hilfe und spiegelte das Licht auf dem Regen-nassen Platz. Dies lies dann doch ein wenig von dem durchblicken, was Jörn Hanitsch ausmacht - filigranes und überraschendes Lichtdeseign.
September 2020: Corona bringt Kranheit und Verderben - Hanitzsch setzt sein "Netzwerk des Lebens" dagegen
Ob vom Künstler so gewollt oder ungewollt: das war eine wichtige Veranstaltung zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort! Monate lang lähmte die Corona-Epidemie das gesellschaftliche Leben in der Stadt. Größere Veranstaltungen und viele kulturelle Ereignisse wurden abgesagt oder sehr beschränkt abgehalten. Das macht etwas mit den Menschen einer Stadt. Es fehlt der Ausgleich, die Lockerheit einer Gesellschaft, die sowieso schon viel zu hektisch und angespannt daher kommt. Mitten in der zweiten Corona-Welle - die Infektionszahlen in Deutschland stiegen wieder einmal - setzte Jörn Hanitzsch mit seinen Licht-Bildern ein ganz wichtiges Zeichen. Der Titel seines Licht-Events "Netzwerk des Lebens" passte punktgenau, zumal er alle Interpretations-Möglichkeiten zum Thema Corona offen ließ. Es störte nicht, das die inzwischen bekannten Glasfiber- und Plastik-Figuren des Österreichers Manfred Kielnhofer wieder mit dabei waren - jene Figuren, die von manchen Betrachtern in der Vergangenheit hin und wieder als Kitsch abgetan wurden (Was ist eigentlich Kitsch?). Doch wer sich die Zeit nahm und sich auf einer der vielen Sitzmöglichkeiten in der Stadpromenade setzte, der konnte beobachten, wie das Publikum gerade mit jenen Figuren interagierte. Köstlich, ob der Vielfalt solcher Szenen! Und.... mehr davon in solcher Zeit...
Dezember 2020: Corona macht schlechte Laune, Hanitzsch und seine Pinguin-Armee halten dagegen und zauberten vielen Cottbusern ein Lächeln ins Gesicht
Man ist auf der Jagd, per Foto weihnachtliche Stimmung in der Altstadt einzufangen. 2020 war dafür kein so gutes Jahr. Weihnachtsmarkt abgesagt, Geschäfte geschlossen, das Wetter grau, viel zu warm und regnerisch, die Straßen leerer als sonst in der Vorweihnachtszeit. Corona hatte die Stadt im Würgegriff. Der Altmarkt trotz weihnachtlicher Deko eher deprimierend. Plötzlich biegt ein seltsames Gefährt von der Sprem auf dem Platz: Jörn Hanitzsch und seine leuchtende Pinguin-Armee drehen ein paar Schleifen auf dem Platz. Künstlerisch ohne erkennbare Aussage und ohne Wert, zauberte die Karawane den wenigen Spaziergängern ein Lächeln über das ganze Gesicht. Und genau das ist es, worum es in diesen Tagen ging: Neben den vielen Hiobs-Botschaften um Corona die Cottbuser zu überraschen, ein wenig Freude zu zaubern. Diese Freude verbreitete Hanitzsch mit seinen Pinguine auch in Potsdam und anderswo. Jeder der den großen Künstler zusammengekauert auf seinem Rollstuhl samt den Leuchtgesellen gesehen hat, sah auch sein schelmisches Grinsen - trotz Schutzmaske. Eine Ohrfeige für die Administrative - Künstler sind doch System-relevant, eine Welt ohne sie undenkbar. Eine kleine Geste mit großer Wirkung, finde ich. Mit dieser zweiten Aktion in der Pandemiezeit ist Hanitzsch für mich Cottbuser des Jahres. Und: Er hat mein Weihnachten gerettet. Danke dafür.