Klassische Panoramen und Bilder aus der Cottbuser Stadtgeschichte

Renaturierung der Spree nördlich von Cottbus (Teil 1)

Zum ersten mal musste ein Energiekonzern in der Lausitz ein schützenswertes Biotop großflächig umsiedeln.

Diesmal lief etwas anders. Zwar hatten sich die Cottbuser daran gewöhnt, das dutzende Dörfer in ihrem Umfeld und mit diesen auch der eine odere andere uralte Wald, sowie wertvolle Biotope verschwanden, doch die 90er Jahre markierten einen ersten vorsichtigen Umbruch. Es gab mehr Möglichkeiten Vattenfall & Co. das Leben zu erschweren. Zudem kündigte sich am Horizont langsam aber stetig der Kohle-Herbst an. Viele, vor allem junge Menschen waren nicht mehr bereit, tatenlos der Vernichtung kompletter Landschaften für den Profit der Energieriesen zu opfern. Sie propagierten zunehmend ein Lebensweise ohne ausufernden Energieverbrauch und rückten die Achtung der Natur in den Mittelpunkt ihres Strebens. Dem gegenüber schwang der Konzern Vatenfall die Arbeitsplatz-Keule und schürte die Angst vom Ausfall der sicheren Energieversorgung - bestand auf die Weiterführung des Tagebaus Cottbus-Nord. Das hieß, die Vernichtung von Lakoma und seiner einzigartigen Teichlandschaft. 2004 wurde die Landschaft von der Europäischen Union wegen vom Austerben bedrohter Spezies als FFH-Schutzgebiet eigestuft (FFH = Flora-Fauna-Habitat). Die EU schuf gleichzeitig aber auch einen Weg für Vattenfall, in dem sie eine Ausgleichsmaßnahme für Lakoma in gleichwertiger Größe zuließ. Das war der Beginn des Projektes "Renaturierung der Spreeaue nördlich von Cottbus".

Seeaue nördlich von Cottbus im Vergleich

Bild oben: Ein direkter Vergleich der nördlichen Spreeaue vor und nach den Renaturierungsmaßnahmen.
Bild unten: die ehemalige Lakomaer Teichlandschaft musste dem Tagebau weichen - als Ersatz und neue Heimat für viele umgesiedelte Pflanzen und Tierarten wurde das gleichwertige Spreauen-Biotop angelegt.

Blick auf den Cottbuser Stadtteil Lakoma (unten rechts) und den Lakomaer Teichen, die zwischen 1995 und 1997 dem Tagebau Cottbus-Nord (oben rechts) zum Opfer fielen

Warum sollte die Spree renaturiert werden?

In den letzten drei Jahrhunderten veränderte sich das Aussehen der Spree grundlegend. Früher war sie ein unbändiges Gewässer in einer feuchten Landschaft. Unzählige Seitenarme, die sich zudem häufig in ihrem Aussehen veränderten, nahmen riesige Flächen in Anspruch und wirkten als Puffer bei den häufigen Hochwassern. In den umliegenden Dörfern und den Städten Peitz und Cottbus erhöhten sich erst langsam dann, mitder industriellen Entwicklung, merklich die Einwohnerzahlen. Der Druck auf die ungenutzten natürlichen Mäander der Spree stetig. Nach dem Vorbild der Urbarmachung des Oderbruch wurden nach und nach Feuchtgebiete durch Meloration und Eindeichung trocken gelegt und landwirtschaftlich erschlossen. Um 1900 waren die Nebenarme der Spree weitgehend verschwunden, der Fluss fast komplett eng eingedeicht.

Über Jahrhunderte wurde die Spree eingeengt und deren Nebenarme trocken gelegt, um mehr landwirtschftliche Nutzfläche zu erlangen.

Es folgte eine immer intensivere Nutzung der neuen landwirtschaftlichen Flächen. Die in den 60er Jahren aufstrebende industrieelle Tierhaltung trug ebenfalls zur Wertminderung der Spreeaue bei. Vielfach wurde die dabei anfallende Gülle oft maßlos auf den Feldern als Düngemittel verknappt. Das schmale Band der Spree war sehr schnell auch von den überschüssigen Schadstoffen kontaminiert - mit den enstprechenden Folgen. Die Artenvielfal ging zurück und die Vegetation veränderte sich. Bespielsweise wurden Bäume wie Birken und Kiefern zahlreicher, die in einer gesunden Auenlandschaft nie überleben würden. Das Umland der Spree wurde zudem immer trockener, so das man die landwirtschaftlichen Flächen zusätzlich durch Meloration aber auch durch angelegte Brunnen bewässern musste. Die durch den Braunkohleabbau verschärfte Wassersituation der Region wurde so durch den Rückgang naturnaher Flächen nochmals verschärft. Dem wollte man durch die Renaturierung des 10 km langen Spreeabschnitts entgegen wirken.

Bei sehr feuchter Witterung werden die Altarme der Spree wieder sichtbar, obwohl die Äcker jahrzentelang bearbeitet wurden...


Bild oben: Das Panorama p8125_2013 zeigt die Spree 1km nördlich von Döbbrick bei dem Hochwasser 2013. An dieser Stelle ist der Hauptarm der Spree normalerweise rund 10m breit. Auf diesem Bild reicht das Wasser aber von Deich zu Deich (ca 120m breit).Der Fotograf stand hier mitten im Wasser, um die ungewöhnliche Situation zu fixieren (Bitte nicht nachmachen!). 2007 wurde hier ein neuer Nebenarm angelegt (jetzt Land unter), der zu mehr Feuchtigkeit auf dem Areal führte. Trockenbäume wie Birke oder Pappel starben in der Folge ab und begünstigten Auen-typische Gewächse. So unterstützte die Natur selber die Renaturiengsmaßnahmen des Zweibeiners. Die rote Farbe der Spree zeigt das mitgefürte Eisenoxid aus den Tagebaurestlöchern im Süden an. Zwar gab es schon Rückhalteeinrichtungen und Strategien zur Ausfilterung des Eisens, diese waren in der Ausnahmesituation Hochwasser in ihrer Funktion eingeschränkt bis wirkungslos.


Aufbau des Projektes, oder: wie soll man die Masse an Bildmaterial logistisch händeln?

Hätte ich gewusst, welchen Umfang dieses Projekt annimmt, hätte ich entmutigt das Unterfangen fallen gelassen. Das bischen veränderte Grün abzubilden ist schnell erledigt - dachte ich. Weit gefehlt: über 1000 Panoramen (70% davon 360°-Panoramen) über 500 Luftaufnahmen und etwa genau so viel Einzelfotos zählte ich im Herbs 2021 zusammen. Alle Bilder wurden aufwändig beschrieben und georeferenziert (was für eine Strafarbeit!), Alles wurde so archiviert, das eine gesuchte Aufnahme sowohl digital als auch analog schnell gefunden werden kann. Dazu wurden neben der IPTC-Daten-Beschreibung eine Vectorkarte gezeichnet in der separat und geordnet nach Jahren alle Bilder eingetragen wurden. Diese Karte war die Grundlage, alle logistischen Arbeiten zum Visual-Monitorin nördliche Spreeaue zu planen und zu archivieren.

Aufbau des Bildarchivs

Aufbau des Bildarchivs

Wie sahen die Planungen aus, was wollte man ändern?

Text

Geplante Maßnahmen zur Ungestaltung der Spree am Beispiel des Fehrower Bogens

Dipl.-Ing., Dr. nat. techn. Christoph Gerstgraser bei der Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes der Cottbuser Spreeaue im September 2004

Zustand der Spreeaue bei Fehrow vor der Renaturierung im Jahre 2008

Links wird gerade ein Teil der Maiberger Teichlandschaft gestaltet, während in der Mitte des Bildes Uferbereiche der Spree naturnah aufgearbeitet werden. (2008)

Anlage der Teiche bei Maiberg im Juni 2006

Anlage der Teiche bei Maiberg im November 2007

Ergänzende Literatur:

Sind die Neuhausener Parkfeste in Gefahr? Naturschutzgebiet "Spreeaue" kippt Dorffest / Auch Cottbus von Verordnung betroffen / Lausitzer Rundschau, 20.07.1994, S.11
Gräben wird das Wasser abgedreht Das Wasser für die Spree wird immer knapper. Die Situation ist so dramatisch, das nun den Nebengewässern der Hahn abgedreht wird. Damit fallen einige Gräben in Cottbus trocken. Autorin: Peggy Kompalla, erschienen: Lausitzer Rundschau, 24.07.2020, Seite 10
Kunstwerk in der Spreeauenlandschaft Dissen / Leag zeigt Herz für den Teufel, Autor: Frank Hilbert, erschienen: Lausitzer Rundschau, 21.05.2019, online und gedruckter Auflage
Spreeauenlandschaft bei Dissen 275000 Karpfen auf einen Streich, Autor: Frank Hilbert, erschienen : Lausitzer Rundschau, 08.05.2019, online und gedruckter Auflage
Dissen zieht provisorischen Graben / Zum dritten Mal im Jahr Ärger mit Wasser Sondersitzung soll Lösungen aufzeigen, Autor: Jürgen Scholz, erschienen in: Lausitzer Rundschau vom, 14.12.2010, Seite16
Der Landschaftsveränderer Statt Universitäts-Karriere in Wien betreut Christoph Gerstgraser den Spreeauen-Umbau in der Lausitz, Autorin: Simone Wendler, veröffentlicht in: Lausitzer Rundschau, 28.05.208, Seite 3
Dissener Brücke wird im April abgerissen, Autor: Ronald Ufer, veröffentlicht in: Lausitzer Rundschau vom 01.03.2006
Pläne für Spree-Renaturierung liegen schon in der Schublade
Ingenieurbüro wartet auf Planfeststellungsbeschluss, Autor: Klaus Alschner, veröffentlicht: Lausitzer Rundschau vom 10.02.2005, Seite15
Halbzeit in der Spreeaue
Bild-Bericht über die fortlaufenden Arbeiten an der Spreeaue, Autor: Jens Haberland, veröffentlicht: Märkischer Bote vom 24.10.2009
Brüssel gibt grünes Licht für Abbaggerung de Lakomaer Teiche / Spreeauen-Renaturierung als Ausgleich akzeptiert Ausführlicher Bericht über die letzten Genehmigungsverfahren für die Ausgleichsmaßnahmen Lakomaer Teichlandschaft, Autorin: Simone Wendler, veröffentlicht: Lausitzer Rundschau vom 27.11.2006, Seite 3
Kompensation der Beseitigung eines FFH-Gebietes - Am Beispiel des FFH-Gebiets Lakomaer Teiche, Autoren: Gerstgraser, C., Zank, H.Brandenburg. Naturschutz und Landschaftsplanung, 10 (2012).
Umsetzung und Wirkung naturschutzrechtlicher Kompensationsmaßnahmen in der Praxis. Autor: Gerstgraser, C. (2009). Beitrag zur Veranstaltung Rohstoffgewinnung und Naturschutz des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR), Cottbus 2008. Cottbuser Schriften zur Ökosystemgenese und Landschaftsentwicklung, 9(2009).
Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen für die Inanspruchnahme eines FFH-Gebietes durch den Braunkohletagebau Cottbus-Nord. Autoren: Gerstgraser, C., Arnold, I., Dingethal, H. (2008), veröffentlicht: Bergbau 08(2008)